Alkalitreiben und seine Vermeidung

   



Vorbeugung

Die Gefahrenabwendung ist Planungselement. Trockene Umweltbedingungen/Nutzung bei kleinster Querabmessung des Bauteils < 500 mm erfordern keine Regelung.

Bei feuchter/wechselfeuchter Nutzung oder kleinster Bauteil-Querabmessung > 500 mm und trockenen Umgebungsbedingungen ist die Summe wirksamer Alkalien im Kubikmeter Beton zu begrenzen, oder der Zuschlag muß ein Kurzzeitprüfverfahren bestehen [1, 2, 3, 4]; in massiven Wasserbauwerken (z.B. Talsperren) muß die letzte Bedingung in jedem Fall – also auch bei niedrigem Alkaligehalt des Zementes – erfüllt sein [2, 10]. Inzwischen sind mit dem Anfang der 1980er Jahre entwickelten und zugelassenen Kurzzeitprüfverfahren [3, 4] alle wesentlichen Zuschläge südwestlich der Linie Unterelbe – Havelmündung – Potsdam – Frankfurt/Oder bestimmt worden, davor – wie auch in der alten BRD – die Zuschläge mit Komponenten der klassischen AKR aus glazifluviatilen Lagerstätten nordöstlich davon.

Die Gefahrenabwendung/Aussteuerung hat früh auf Entwicklung anteiliger alkaliarmer Zemente orientiert, deren niedriger Alkaligehalt (<0,60 M-% wirksamer Alkalien) Schäden nahezu ausschließt. Experimentelle Grenzwertuntersuchungen haben ab etwa 1970 im System "Zementgehalt im Experimentalmörtel" gegenüber "Alkaligehalt im Zement" zu einer Alkaligehalts-Grenzkurve von 3.000 g/m³ Mörtel geführt (Grenzkurve für Opalsandstein als Modellsubstanz [6, vor allem Seite 76, Bild 5]). In Kordina, K. ( 1981, eingefügt: 07.04.2011): Erkennen und Beheben von Schäden an Massivbauten.- Vorträge auf dem Deutschen Betontag 1981 in Hamburg, Dtsch. Beton-Verein E.V, Seiten 220 - 243, wird die Grenzkurve zur baupraktischen Interpretation von geschädigten/nicht geschädigten Betonen in Abhängigkeit vom Alkaligehalt im Kubikmeter Beton herangezogen und bestätigt sowie als "Düsseldorfer Grenzkurve" bezeichnet (Bild 6, S. 234).

Für Betone mit potentiell betonschädigend reaktiven Zuschlaganteilen ist bei Einsatzschlüsseln von 360 kg Zement (mit maximal 1 M-% Alkalien)/m³ Beton nach John, W., de Courcy u. Ryan, Nicholas M. (1992, eingefügt: 07.04.2011): Managing ASR in the Republic of Ireland.- 9th International Conference on Alkali-Aggregate Reaction in Concrete, London, p. 240 - 250, ausreichende Langzeitbeständigkeit gewährleistet. Maximal 1 M-% Alkalien enthaltender Zement bei maximal 360 kg Zement/m³ Beton (in Ostdeutschland bis 1990) unter bestimmten Bedingungen (wie bilanzierbare Alkalien) bzw. mit ungeprüften Zuschlägen und der eben zitierte Ansatz sind deckungsgleiche, sicher unabhängig voneinander entwickelte Strategien. Leider konnte die Grenzwertstrategie nicht erhalten werden; Begründung: "dann beginnt das Rechnen auf der Baustelle". Nach Hobbs, D. W. (1992, eingefügt: 07.04.2011): Deleterious Reactivity of a Number of UK Aggregates and an Examination of the Draft BS Concrete Prismen Test.- 9th International Conference on Alkali-Aggregate Reaction in Concrete, London, p. 451 - 460, ist die Begrenzung auf 3.000 g Alkalien/m³ Beton (z. B. mit Kieselkreide und Flint im Zuschlag) zu stringent und sogar bis 4.000 g vertretbar.

Für Betongemenge mit unvermeidlich > 3.600 g Alkalien/m³ Beton bzw. für Erzeugnisse und Konstruktionen mit nicht bilanzierbaren Alkaliangriffen wurde für die Kurzzeitprüfung der Zuschläge mit potentiell reaktiven komplexen Silikaten in den Gesteinskomponenten (Südprovenienz) – ebenfalls im Institut für Baustoffe Weimar der Deutschen Bauakademie Berlin – ein Komplexprüfverfahren entwickelt und bauaufsichtlich verbindlich [1, 2, 3, 4]. Der auch in Erlangen 1990 mitgeteilte Stand [3] fand eine sehr interessante Parallele beim gleichen Symposium durch Stokke, J. A.: Quality Classification of Aggregates for Use in Concrete.- p. 159 - 169.



Betonverträgliche Grenzalkalität (für Nord- und für Südprovenienz der Zuschläge) aus [9, S. 262].


Das Prüfverfahren (Komplexprüfverfahren des Instituts für Baustoffe Weimar der Deutschen Bauakademie Berlin) wurde von 1982 an entwickelt und an Hand der ersten 33 Brechprodukte und 60 rundkörnigen Materialien kalibriert. Der Stand 01/1988 ist in einem FE-Bericht von 09/89 in Tab. 1 des damaligen FE-Berichtes dokumentiert (in Gesamtliste "Von Alperstedt bis Zöblitz" unter "Reaktive Gesteine" aufgenommen, der Stand von 01/88 seit 07.04.2011 auch unter "Zuschlagprüfung", ebenfalls ohne Kennwerte).


 

Die Ergebnisse von 1 bis 33 und von 100 bis 160 (insgesamt 93 + a- und b-Nummern) waren Grundlage für die Kalibrierung der Grenzwerte des Komplexprüfverfahrens des Instituts für Baustoffe Weimar der Deutschen Bauakademie Berlin (jetzt MFPA) zur Bestimmung des Grades der Alkalireaktivität (ab 1983, Zulassungsjahr des Verfahrens: 1985). Grundlage einer Rang- und Reihenfolge der Erzeugnisse waren die zu ermittelnden Aufkommen und Lieferströme sowie die volkswirtschaftliche Bedeutung von Finalprodukt/Konstruktion, statistsich verwendet in [2; 3]. Nach Vorkommnissen an der A 14 besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen den Prüfergebnissen für Nr. 129 und Bildern 6 bis 8 in "Referenzbeispiele", für Nr. 31/32 und Abschnitt Könnern - Bernburg sowie Bildern 27; 28; 38 bis 40 in "Aktuelles", sowie nach Beobachtungen an der A 38 zwischen Nr. 130/130a und Bild 5 in "Referenzbeispiele" (dieser Satz wurde am 07.04.2011 eingefügt, desgl. Nr. 129; 130/130a und die Objektverweise).

Der für die Ersatzkappen und -kappenbalken (BW 23 Ü/A 14) verwendete Edelsplitt ist erst per Anforderung mit anschließendem Auftrag 1996 geprüft worden (s. „Referenzbeispiele“), der Kies Drosa per Auftrag eines Dresdener Ingenieurbüros 1993. Personal, Geräte und Prüfsubstanzen waren gleich.

Der qualitätssichernde Zuschlageinsatz hängt auch ab von den Bauwerksbedingungen, also von der Beschaffenheit und/oder von den Nutzungsbedingungen einer Betonkonstruktion:



Bei der Faktorenkombination „trockene Umgebungsbedingungen“ x „nichtmassiges Bauteil“ sind keine zusätzlichen Maßnahmen (Prüfung des Zuschlags auf erhöhte Alkaliresistenz) erforderlich. Wird einer oder werden beide Faktoren gegen die genannten alternativen Faktoren getauscht (Alkalizufuhr von außen zunächst noch ausgenommen), darf die Summe wirksamer Alkalien im m³ Beton (die sog. Alkalibilanz) aus Alkalien des Zementes und aus Alkalien der Zusätze entsprechend dem Alkaligehalt dieser Komponenten und entsprechend dem Einsatzschlüssel dieser Komponenten 3.600 g Na2O-Äquivalent (Na2O + 0,658 K2O)/m³ nicht überschreiten. Dies ist rechnerisch kontrollierbar, wenn die Rezeptur der Betonsorte und die wirksamen Alkaligehalte der genannten Komponenten bekannt sind.

Tabelle 1


Tabelle 2


Tabelle 3


Sind die Überschreitung des Grenzwertes der Alkalibilanz oder auch eine Alkalizufuhr von außen (z. B. bei kommunalen Straßen, Bundesstraßen und Bundesautobahnen, Flugbetriebsflächen) nicht auszuschließen, muß der Zuschlag zusätzlich auf erhöhte Alkaliresistenz geprüft werden. Für die Prüfung der Zuschlaglieferkörnungen sind an Probenmengen erforderlich: für 0/2 und 2/8 mm je 4 kg und bei 8/16 und 16/32 mm je 8 kg. An den Körnungen > 8 mm kann auch eine petrographische Geröllanalyse an Konzentraten von Gesteinsgruppen durchgeführt werden, um den Reaktivitätsgrad der Gesteine zu ermitteln.

Der Reaktivitätsgrad des Zuschlages darf Grenzwerte zweier Kurzzeitprüfungen nicht überschreiten (zwei chemische Kennwerte, einen Kennwert einer Feinmörtelprüfung, alle an aufgemahlenem Probengut ermittelt). Bei Überschreiten eines oder weiterer Grenzwerte ist der Zuschlag auszutauschen. Meist ist die bauvorbereitende Zeitreserve ausreichend, auch einen alternativen Zuschlag noch sicherheitshalber zu überprüfen (gemeint ist die Überprüfung einer älteren Einstufung eines vorausgewählten Alternativzuschlages, der schon einmal nach diesem Verfahren und durch sein Anwendungsverhalten bestanden hat).

Tabelle 4  Prüfforderungen für Betonzuschläge in Abhängigkeit von den Einsatzbedingungen


Anmerkungen
  1. Alkalibilanz oder primärer Alkalieintrag ist berechenbar und beeinflußbar, z. B. durch Auswahl eines Zementes bei vorgegebenem Zementeinsatzschlüssel, wodurch der erfahrungsgemäße Grenzwert unterschritten werden kann
  2. Alkalizufuhr von außen = nicht bilanzierbarer oder sekundärer Alkalieintrag (Taumittel, Meerwasser, lokale Alkalianreicherung durch Porenwasserströme, z. B. in Staubauwerken)
  3. Fast alle Verkehrsbauwerke von Schienenwegen sind, auch wenn der Zuschlag die Kurzzeitprüfungen nicht bestanden hat, durch Bindemittel- und ggf. Zusatzauswahl sicherbar
  4. Fast alle Betonfahrbahnen/-rollbahnen und Verkehrsbauwerke von Straßen und Autobahnen können nur über Zuschläge, die bestanden haben, abgesichert werden
  5. Bei Faktorenkombinationen ohne I a und bei einer unkritischen Alkalibilanz können ungeprüfte Zuschläge sicher eingesetzt werden (bei Kombination mit II ohnehin)


Tabelle 4a  Fortsetzung der Entscheidungskette (Beispiel)



In jedem Kombinationsfall der Einflußfaktoren kann die ebenfalls wenig aufwendige Prüfung von mindestens einem Drillingssatz von Betonbohrkernen pro Betonsorte oder auch Bauteil (von Anfang an luftumspült gelagert) zur Bestimmung der Längenänderung während einer Nebelkammerlagerung durchgeführt werden. Hieraus ergibt sich nach längerer Lagerungszeit, ob das Betongemenge auf Grund seiner Einsatzstoffe und Rezeptur für die Bedingungen „massig“ bzw. „feucht“ richtig modifiziert war. Die Bohrkerne von ca. 50 mm Durchmesser sollten möglichst keinen Bewehrungsstahl enthalten und wenigstens 220 mm lang sein. Sie können auch Teile einer längeren Durchörterung eines massigen Bauteils sein. Die Bohrkerne sind nach sofortiger Herausnahme und Beschriftung stets luftumspült zu lagern. Diese Leistungen können unter Einbeziehung geeigneter territorialer Prüfeinrichtungen realisiert werden. Eine repräsentative Parallelprüfung zur Überprüfung des Taumitteleinflusses gibt es nicht. Deshalb ist zur Vermeidung von Langzeitschäden bei unvermeidbarem Taumitteleinfluß besondere Vorsicht geboten (s. Tab. 4, 4a).

Es sind also stoffliche Angaben der genannten Art (Rezeptur eingeschlossen), kontrollierende Überprüfungen durch Bohrkernuntersuchungen und (wenn die Alkalibilanz > 3.600 g Na2O-Äquvialent/m³ ergibt bzw. Alkalizufuhr von außen nicht vermeidbar ist) der Zuschlaglieferkörnungen erforderlich. Aus vorhandenen Unterlagen (z. B. Sortenverzeichnissen und vorbereiteten Ergänzungen) sind folglich Rezepturen, Einsatzstoffmerkmale und Einsatzstoffherkunft zu entnehmen (Zuschlagkorngruppe und -lieferwerk, Lieferkörnungsanteile, Zuschlag gesamt, Zementsorte und -lieferwerk, Zement gesamt, Alkaligehalt des Zementes, w/z-Faktor, Zusatzstoffe (Gehalt und wirksamer Alkaligehalt) und Zusatzmittel (Gehalt und wirksamer Alkaligehalt)).

Präventionsstrategien (20.12.2009) gegen den Alkaliangriff auf besonders reaktive Zuschlagkomponenten sind chemischer und gefügebezogener Natur: das elektostatisch bindungsfestere zweiwertige Kalziumion der kalkbasischen Porenlösung, das die Alkaliionen aus den frisch gebildeten Alkalisilikathydratgelen wieder freisetzt und diese zum Vagabundieren und Neuangriff mobilisiert, bildet zwar mit der Kieselsäure weitere CSH-Phasen, soll diese aber möglichst vor diesem Tauschort mit feindispersen Kieselsäureträgern (Hüttenschlacke, bestimmten Flug- bzw. Filteraschen, Puzzolan, Silikastaub, Fällungskieselsäure, bestimmten Gesteinsmehlen, Glasmehl) bilden oder dort abgefangen werden (s. z. B. ASTM-Digital Library / STP / STP930-EB / STP18464S, Smith und Raba (1986): Recent Developments in the Use of Fly Ash to Reduce Alkali-Aggregate Reaction.- Source: STP930-FB). Umfangreiche reaktionskinetische Grundlagen lieferten Ludwig, Udo, Wolff, Gerhard und Hirche, Dieter, (1974): Die Alkali-Kieselsäurereaktion.- Forschungsberichte des Landes Nordrh.-Westf. 2303, 355 S., Westdeutscher Verlag Köln-Opladen. Direkt zugrunde liegt dieser Publikation der Aachener Schule die Dissertation von Dieter Hirche: Die Alkali-Kieselsäurereaktion, Fakultät für Bergbau und Hüttenwesen der RWTH Aachen, 356 S., Aachen 1972, mit grundlegenden reaktionskinetischen, stofflich-strukturellen Analysen, der Benennung von Abpufferungszusätzen und -wirkungsweisen, mit materialtechnisch-baupraktischen Ausführungen und Vorbeugemaßnahmen unter Berücksichtigung zahlreicher Veröffentlichungen, darunter die grundlegenden Publikationen von Gunnar. M. Idorn (z. B. ab 1956 und mit der gemeinsamen Publikation Plum, Poulsen und Idorn (1958): Preliminary Survey of Alkali Reactions in Concrete.- Ingenioren, Int. Edit. Copenh, 28).


               

Die beiden Abbildungen (aus D. Hirche 1972, Abb. 15 und 16) veranschaulichen die pH-Wert-abhängige Löslichkeit von SiO2 (eingefügt am 17.05.10). Die Wirkung eines pH-Wertes von Gebinden von Clearway-Wirkstoffen auf empfindliche Kieselsäureträger liegt noch über dem obersten Pfeil von Abb. 16 (s. übernächsten Abschnitt).


Für die Gewährleistung der ausreichenden Dauerhaftigkeit hoch beanspruchter Verkehrsflächen werden kostenintensivere Betongemische mit Lithiumzusätzen (z.B. Lithiumnitrat) erwogen und erprobt, wenn der gegengerechnete Mehraufwand durch zu weiten Transport von alkaliresistenten Zuschlägen und die nicht hinnehmbare Verkürzung der Ersatzzyklen zu bedeutend sind, z.B. bei der SLB des Detroit Metropolitan Airport. Das weltweite mineralische Aufkommen zur Gewinnung des "Weißen Goldes" ist im Handelsblatt vom 25.11.2009 beschrieben (natürlich mit dem Schwerpunkt im südamerikanischen Lithium-Dreieck).
Die gefügebezogene Beeinflussung wird durch die Gefügeverdichtung durch diese CSH-Neubildungen oder durch Kapillarporenunterbrechungen mittels Mikroporen erreicht. Die Auswirkung alkalihaltiger Taumittel, darunter auch die schnell hydrolysierenden organischen Salze des Kaliums und Natriums (freeway, clearway), zeigen trotz des Einsatzes von Luftporenbildnern auch die Grenzen auf. Die Idealvorstellung, das volumenbeanspruchende Gel bildet sich dann vorwiegend im Pufferraum der Kugelporen, ist kritisch zu bewerten.

Die Wirkungsweise der Li-Ionen ist an Frischbeton gebunden, wo sie die Expansion des K/Na-Kieselgels bremsen, also wie ein Inhibitor wirken (s. Jawed, I. (1992): Alkali-Silica Reactivity - A Highway Perspective.- The 9th International Conference on Alkali-Aggregate Reaction in Concrete (27-31 July 1992), London, p. 471-476. Stark, David C. (1992): Lithiumsalt Admixtures - an Alternative Method to Prevent Expansive Alkali-Silica Reactivity.- The 9th International Conference on Alkali-Aggregate Reaction in Concrete (27-31 July 1992), London, p. 1017-1025).

"In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß Clearway-Wirkstoffe, ob in der einst auch üblichen festen Form 2s (s für „solid“) oder in ihrer flüssigen Form, Alkaliacetate, also das Natrium- oder Kaliumsalz der Essigsäure sind oder auch eine Kaliumformiat-Lösung, also eine Lösung des Kaliumsalzes der Ameisensäure (Clearway F 1). Clearway wird heute nur noch als Lösung geliefert, und zwar handelt es sich um eine 50-%ige Lösung der genannten Salze in Wasser. Der Unterschied zu sonst bzw. früher üblichen Taumitteln besteht im momentanen Gebrauchswert für den Winterdienst auf Flugbetriebsflächen und ist in den Sicherheitsdatenblättern 11175 2.00 DE (CLEARWAY 1) (= Lösung) und 11912 4.00 DE (Clearway 2s) von BP Chemicals sowie in der Firmenschrift CLEARWAY Deicers – Enteisungsmittel für Flughäfen – von BP Chemicals (Februar 1997) beschrieben. Der bis 11,6 reichende pH-Wert in einer wäßrigen Lösung zeigt an, wie stark das Salz aus einer starken Base (NaOH oder KOH) und einer schwachen Säure (Essigsäure, Ameisensäure) hydrolytisch gespalten (also gewissermaßen „entneutralisiert“) ist. Die Basen bzw. Laugen stehen sofort zur Verfügung und sorgen für die starke Gefrierpunktserniedrigung. Sie können leicht in den Porenraum des Betons und in Fehlstellen einschließlich der Risse eindringen und tiefere Betonquerschnitts-Bereiche mit Alkalien beaufschlagen. Ein Herauswaschen ist unwahrscheinlich, bestenfalls im unmittelbaren Oberflächenbereich bei Regen. Die Flächen werden mit 15 bis 20 mg/m² besprüht, dies entspricht 7,5 bis 10 mg Salz der obigen Art. Bei entsprechender witterungsbedingter Verdünnung fließt ein großer Teil in die Schlitzrinnen und Sammler. Wenn 5 % Inhaltstoff bei jedem von 20 angenommenen Winterdiensttagen eindringt, sind dies in einem Winterhalbjahr 7,5 bis 10 mg/m² Beton. Über 15 bis 20 Jahre betriebswirtschaftliche Nutzdauer ist dies eine Beaufschlagung, die bei Reserven an alkalireaktiven Zuschlaganteilen die progressiv-eigendynamischen Schäden erheblich fördern kann." (Auszug aus einem Gutachten vom Nov. 1998 des Autors über einen Betonrollweg eines Flughafens). Inzwischen wird über umfangreiche Schäden auf Flughäfen berichtet. Die eben beschriebenen Vorteile, die über doppelt so tiefe Schmelztemperatur gegenüber üblichen Streusalzen und die schnellere Abbaubarkeit bei geringerem Sauerstoffverzehr eingeschlossen, haben also ihren Preis.

Wissenwertes über Streusalz: (21.12.2009; Quelle: www.br-online.de)
"Das übliche Streusalz besteht zu über 95 Prozent aus Steinsalz beziehungsweise Kochsalz, das auch in der Küche verwendet wird. Die chemische Bezeichnung ist Natriumchlorid (NaCl). Streusalz kann auch als sogenanntes Feuchtsalz gestreut werden. Hierbei werden Lösungen anderer Salze dazugegeben. Das angefeuchtete Streusalz ermöglicht größere Streubreiten, haftet besser auf der Fahrbahn und hält diese länger eisfrei.
Streusalz senkt den Gefrierpunkt von Wasser. Da auch bei gemäßigten Minusgraden in Eis immer etwas flüssiges Wasser vorhanden ist, bewirkt das Streusalz, dass immer weiteres Eis schmilzt und sich in eine Salzlösung verwandelt. Weil diese Salzlösung nicht wieder gefrieren kann, löst sich das Eis langsam völlig auf. Bei Temperaturen unter minus 21 Grad ist Streusalz nicht mehr wirksam.
In vielen Kommunen ist der Einsatz von Streusalz mittlerweile verboten. Verwendet wird Streusalz hauptsächlich außerhalb von Ortschaften. Innerorts wird - wenn überhaupt - nur an Hauptverkehrsstraßen gesalzt oder an besonders gefährlichen Stellen wie starken Steigungen oder verkehrsreichen Kreuzungen.
Streusalz gelangt mit dem Schmelzwasser ins Erdreich und ins Grundwasser. Es greift die Vegetation an, besonders empfindlich sind die oftmals an Straßen gepflanzten Bäume wie etwa Linden, Rosskastanien, Roteichen und Fichten. Umgekehrt können dauerhaft hohe Salzkonzentrationen an Straßenrändern zur Ansiedlung von salzliebenden Küstenpflanzen im Binnenland führen."
Verkürzt gesagt: von den knapp zwei Mio. t Streusalz pro Winter bestehen mindestens 98% aus Kochsalz, der Rest ist ein Gemisch aus Kalzium- und Magnesiumchlorid (als Feuchtsalzanteil, der auch der Minimierung der Wehverluste dient).

Kochsalz der Güteklasse A z. B. besteht chemisch aus mehr als 98 M-% NaCl, wie das „Königliche Steinsalz“ aus Marokko, worüber in der Tagesschau vom 08.01.2010 anschaulich berichtet wurde. Seit 2005 werden aus den Salzwerken von Mohamedia 150.000 Tonnen Streusalz nach Europa geliefert; Deutschland ist Hauptabnehmer. Auch aus Sizilien wird jetzt zugeliefert. Die Vorräte sind in der ersten Dekade dieses Winters 2009/2010 schon so weit aufgebraucht, wie sonst in der gesamten Winterdienstperiode (eingefügt: 17.02.10).


Für den Winter 2009/2010 meldet Nordrhein-Westfalen statt der bisher durchschnittlich üblichen 50.000 t bis 15.02.10 bereits das Fünffache an Streusalzbedarf. Diesem entspricht dann auch ein fünffacher Alkalieintrag (eingefügt: 17.02.10).

Chemismus und Wirkungsgrad, Nebenwirkung und Wirkungskomplexe aus ökologischer Sicht werden umfassend behandelt in: "Studie zur Auswirkung stickstoffhaltiger Auftaumittel. Institut für Waldökologie (Universität für Bodenkultur), Wien 2000" (eingefügt: 17.02.10).